Veröffentlicht in Wir denken...

Manchmal ist das Leben eine sehr schlechte Seifenoper

Ich bin heute noch wütend und schockiert über einen oder besser zwei Vorfälle vorgestern. Da fühlte es sich nämlich wieder an, als ob mein Leben eine schlechte Seifenoper ist. Denn solche Sachen können sich eigentlich nur Drehbuchautoren ausdenken. Und mit den Folgen bei der großen Tochter darf ich jetzt alleine klarkommen. Aber mal von vorn…

Vorgestern Abend, gegen 18:00 Uhr, entschied ich mich dazu, mit der Großen noch einen Spaziergang zu machen und gleichzeitig Essen zu holen, uns war nach Falafeln. Sie nahm ihren Puppenbuggy mit, der fürchterlich laut war, aber ihre Puppe sicher transportiert. Eigentlich ein Wunder, wenn man bedenkt, dass er gut 25 Jahre alt ist, wir haben ihn von einer Freundin bekommen. Ein Erinnerungsstück an ihre eigene Kindheit und hier wird er sehr geliebt. Dass er aber draußen so laut ist, sollte uns an diesem Abend noch ein bisschen helfen.

Wir kamen also am Bistro an und ich gab die Bestellung auf. Außer uns waren noch vier Leute dort, zwei aßen und zwei arbeiteten. Plötzlich stürmte ein Mann nach vorne und bat einen der Angestellten um ein Gespräch. Genau neben mir, aber ich konnte ja schlecht weggehen. Sehr schnell wurde der Mann sehr laut und brüllte den Angestellten an. Ich erspare euch den genauen Wortlaut. Im Endeffekt ist wohl der Bruder des Angestellten mit der Exfrau des anderen zusammen und dessen Kinder sagen zum Bruder Papa, weswegen der andere Mann ihn gerne umbringen würde. Das war so der Inhalt garniert mit teilweise echt ekligen Beschimpfungen. Dem Angestellten war das total unangenehm, er blieb aber ruhig und bat den Mann immer wieder jetzt bitte zu gehen und das mit seiner Exfrau zu klären. Das Bärchen klammerte sich mittlerweile an mich, ich hob sie hoch und als der um sich keifende Mann sie sah, verließ er dann endlich das Bistro. Der Angestellte entschuldigte sich bei uns und das Bärchen fragte, wen der Mann jetzt umbringt. Das aus dem Mund einer Vierjährigen zu hören ist hart. Ich erkläre ihr, dass der Mann sehr wütend war und das alles gar nicht so gemeint hat und vor allem, dass er uns nicht gemeint hat. Wir nahmen unser Essen und gingen.

Auf dem Rückweg war mir der laute Buggy sehr unangenehm. Die Stadt war seltsam ausgestorben, es war gerade halb sieben, aber kaum noch jemand unterwegs. Dann kam auf einmal ein Mann aus einem Haus. Dieser brüllte fortwährend „Schl..pe“und andere widerliche Beleidigungen. Das Bärchen blieb stehen, weil sie wohl etwas an dem Buggy machen wollte, durch dessen Lautstärke hatte sie den Mann nicht gehört. Dieser sah uns an, beleidigte mich als fette Sau und meine Tochter als kleine Schl..pe. Es war fürchterlich, vor allem als er auf uns zu kam. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er auf Drogen oder psychisch krank war, irgendwas stimmte da allerdings überhaupt nicht und als er auf uns zukam, da bekam ich Angst. Aus dieser Angst heraus schubste ich meine Tochter nach vorne, ich wollte, dass sie ganz schnell mit dem Buggy weitergeht, damit sie die Beschimpfungen nicht mehr hört. Zum Glück kam ein anderer Mann im die Ecke und lenkte den anderen ab (nicht beabsichtigt, aber er konzentriere seine Beschimpfungen dann auf ihn) und wir gingen sehr schnell aus der Situation raus. Damit nicht genug wurde ich dann auch noch darauf angesprochen, warum ich denn mein Kind schubse und war irgendwie total am Ende. Wir rannten mehr oder weniger nach Hause. Dort angekommen atmete ich erstmal tief durch und besprach mit dem Bärchen das Geschehene. Ich erläuterte ihr, dass der Mann bestimmt sehr krank ist und gar nicht weiß, was er sagt oder, dass er uns solche Angst gemacht hat. Für den Moment wirkte sie sehr gefasst und wollte auch nicht weiter darüber sprechen.

Meine Hoffnung, dass es sich damit hat, wurde aber enttäuscht. Das Bärchen fand fast gar nicht in den Schlaf und wachte dann auch um 02:00 Uhr aus einem Albtraum auf. Ich war sofort wach, als sie mich fragte, ob der Mann jetzt zu uns kommt und uns umbringt. Wir redeten über eine Stunde, in der ich ihr immer wieder erklärte, dass es kranke Menschen gibt, die sich ihrer Worte nicht bewusst sind. Dass der Mann uns doch gar nicht kennt und auch nicht weiß, wo wir wohnen. An Schlaf war trotzdem nicht zu denken, nicht in den letzten beiden Nächten. Auch heute schläft sie noch nicht.

Und wenn sie dann doch einschläft, wacht sie auf und weint. Sie hat Angst. In ihren Gedanken und Albträumen sind aus den beiden Männern eine furchtbare Person geworden, die für sie alles schlechte verkörpert. Ich rede, rede und rede mit ihr. Ich erkläre, tröste und bin da.

Aber gleichzeitig bin ich furchtbar wütend auf beide Männer. Ich bin wütend, weil sie meiner Tochter Angst gemacht haben. Auf dem Mann im Bistro, weil man sich doch auch mal zusammen reißen kann, wenn Kinder anwesend sind. Weil er das Umbringen ins Spiel gebracht hat. Und auf den Mann auf der Straße, weil er uns so eine Angst gemacht, auch wenn ich mir bewusst bin, dass er nicht Herr seiner Sinne war. Und jetzt frage ich mich andauernd, was ich hätte anders und besser machen können.

Hat jemand schon mal so etwas erlebt? Vergessen Kinder irgendwann? Was kann ich noch machen?

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